Ursprünglich wollte ich mir auf dem Weg von Newtonmore nach Edinburgh Stirling anschauen, aber durch einen vorangegangenen Bahnstreik fuhren die Züge noch nicht nach Fahrplan und ich wählte einen späteren Bus, der mich direkt nach Edinburgh brachte. Edinburgh ist seit dem 15. Jahrhundert nach der Ermordung von Jakob I. die Hauptstadt Schottlands, aber nach Glasgow nur die zweitgrößte Stadt des Landes. Die Stadt liegt an der Ostküste, genauer gesagt auf der Südseite des Firth of Forth. Vor der Trockenlegung gab es mehrere Seen und Moore zwischen den Hügeln. Unter anderem am Arthur’s Seat wurden prähistorische Grabstätten gefunden. 1093 wird eine Burg in Edinburgh erstmals erwähnt, aus der sich Edinburgh Castle entwickelte. Jedoch waren Burg und Ort bis zur Ernennung als Hauptstadt weniger bedeutend. Die sieben Hügel erkennt man fast nicht mehr, da sie mehr oder weniger zugeschüttet und -gebaut wurden. Ausnahmen bilden Edinburgh Castle und Calton Hill. Zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt zählen Edinburgh Castle, Holyrood Palace, National Museums of Scotland, die königliche Yacht Britannia sowie die Royal Mile. In den wenigen Tagen in der Stadt wollte ich natürlich möglichst viel erleben.
Friedhofs- und Unterwelttour in Edinburgh
Kaum in Edinburgh angekommen, machte ich eine Gruseltour mit Start an der Green Mile mit. Zunächst ging es zum Greyfriars Kirkyard, einem Friedhof um Greyfriars Kirk am südlichen Ende des historischen Stadtkerns. Neben zahlreichen historischen Fakten und Gruselgeschichten hörten wir natürlich auch von Bobby. Greyfriars Bobby war ein Skye Terrier, der durch seine angebliche Treue zu seinem Herrn John Gray bekannt wurde. Nachdem John Gray, der bei der Night Watch arbeitete, starb, wachte Bobby bis an sein Lebensende am Grab. Mich faszinierten die Eisengitter und monumentalen Steingrabmälern, um Leichenräuber abzuhalten. Leichenraub für anatomische und medizinische Zwecke war im frühen 18. Jahrhundert ein einträgliches Geschäft.
Der zweite Teil der Tour machten die Vaults aus. In Edinburgh wurden Häuser auf gegenüberliegenden Hügeln, die man nicht mehr sieht, durch Brücken verbunden. Diese Brücken enthalten mehrere Bögen, Gänge und Stockwerke. Die South Bridge sollte das im Süden gelegene Universitätsviertel mit der High Street verbinden und zugleich Wohn- und Geschäftsraum bieten. Die 19 Bögen dienten zunächst als Lagerräume, jedoch war die Brücke nicht wetterfest und gleich neben dem Moorgebiet Nor Loch gebaut, wodurch sie kurz darauf verlassen wurde. Die Altstadt war trotzdem zum Bersten voll. So wurden die South Bridge Vaults bald ein berüchtigtes Rotlichtviertel, was Obdachlosen und Kriminellen Unterschlupf bot. Ganze Familien hausten in den Kammern, ohne Sonnenlicht und ausreichende Belüftung. Zugleich zeigte sich bald eine Hierarchie: die Armen oben, die Ärmsten ganz unten, wo sie zudem die Flüssigkeiten der darüber liegenden Stockwerke abbekamen. Teile der Gänge sind im Rahmen von Führungen (Geistertouren oder Real Mary King’s Close Tour) zu besichtigen.
Edinburgh Castle
Der nächste Tag begann mit der Besichtigung von Edinburgh Castle. Edinburgh Castle liegt auf Castle Rock, welches aus Dolorit besteht und vulkanischen Ursprung hat. Die Lage bildet einen idealen Rückzugsort. So wurden bei archäologischen Ausgrabungen Besiedlungsspuren nachgewiesen, die bis ins 9. Jahrhundert vor Christus zurückreichen. Wann die Burg entstand, kann nicht genau belegt werden. Allgemein wird davon ausgegangen, dass der Castle Rock im 7. Jahrhundert mit einer Burg bebaut war. Die erste urkundliche Erwähnung von Edinburgh Castle findet sich in der Chronica gentis Scotorum aus dem Jahr 1093. Das älteste erhaltene Gebäude, St. Margaret’s Chapel, stammt vom Anfang des 12. Jahrhunderts. Die Burg wurde mehrmals überfallen, neu aufgebaut und erweitert. Seit 1996 befindet sich der sagenumwobene Stone of Scone, auf dem seit dem Mittelalter zunächst die schottischen, später die englischen Könige gekrönt wurden, wieder in der Burg. Traditionell wird um 13 Uhr die One O’Clock Gun (13-Uhr-Kanone) täglich mit Ausnahme von Sonntag abgefeuert. Auch sonst gibt es viel zu besichtigen und zu bestaunen, wodurch man leicht drei Stunden im Edinburgh Castle verbringen kann. Die Tickets sollte man vorab buchen. Ich wählte einen Einlass zu Beginn des Tages, um den Menschenmassen etwas aus dem Weg zu gehen.
Tour durch die Old Town
Im Anschluss machte ich eine der kostenlosen Führungen von Freetours durch die Altstadt mit. Der Guide, ein Schotte aus Edinburgh, ist begeistert von den Closes, die wir hoch- und wieder hinunter stiegen. Die Altstadt von Edinburgh bestand ursprünglich aus der Hauptstraße, heute als Royal Mile bekannt, und einer Vielzahl kleiner Gassen, die wie eine Fischgräte nach Norden und Süden führten. Die Gräten führen zu offenen Innenhöfen, courts. Breite Gassen werden wynds (winding – schlängeln) genannt. Die meisten Gassen sind jedoch sehr eng und Privateigentum, daher closes. Die Royal Mile hat etwa 80 solcher closes, die entweder nach den Bewohnern oder deren Gewerk bezeichnet sind. Also genügend anzuschauen. Die Royal Mile verläuft zwischen Edinburgh Castle, was wir von mehreren Richtungen sahen, und Holyrood Palace und bezieht sich auf eine schottische Meile (1.81km). Auf der Royal Mile liegt auch St. Giles‘ Cathedral, die wir von außen sahen. Die einstige Kathedrale ist die Hauptkirche der Church of Scotland und eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten in Edinburgh. Ich schlüpfte zum Glück knapp vor der Tour hinein. Die Kathedrale ist im Gotik-Stil erbaut und durchaus sehenswert. Vor der Kathedrale befindet sich das Heart of Midlothian, ein in den Straßenbelag eingepflastertes Herz, welches den früheren Eingang des Tolbooth markiert. Tolbooth war der Verwaltungssitz, in dem sich auch ein Gefängnis befand. Traditionell wird das Herz als Zeichen der Verachtung bespuckt. Nun soll es Glück bringen. Natürlich machten wieder halt am Greyfriars Kirkyard. Zudem ging es auch zum Grassmarket, dem mittelalterlichen Marktplatz für Vieh und Pferd. Hier befand sich ebenfalls die öffentliche Hinrichtungsstätte. Einige Pubs tragen noch heute Namen, die an diese blutige Geschichte erinnern.
Nachmittag in Edinburgh
Vom Tourguide wurden einzelne Restaurants empfohlen. Ich wählte das Arcade Bar Haggis & Whisky House, in dem ich Haggis in Whiskysauce probierte. Das Aussehen gleicht definitiv keinem Pubessen, ist aber geschmacklich einen Besuch wert. Danach ging ich über Princes Street Gardens (schöner Blick auf Edinburgh Castle) und Dean Bridge nach Dean Village, einem grünen Dorf aus dem 19. Jahrhundert, durch das sich idyllisch Water of Leith schlängelt. Ursprünglich ist Dean Village eines der ältesten Dörfer in der Nähe der Burg, welches 1535 als ein Mühlendorf bezeichnet. Auf Grund der größeren und moderneren Getreidemühlen in Leith ging der Handel von Dean Village zurück. Dem folgte der Rückgang. Ab Mitte der 1970er Jahre wurde Dean Village saniert und restauriert. Heute lädt Dean Village zum Spaziergang ein. Water of Leith kann man auf einem Weg ebenfalls folgen. Zum Abschluss schaute ich mir den Sonnenuntergang von Calton Hill an. Auf dem 103 m hohem Calton Hill befinden sich mehrere Monumente und andere Gebäude. Durch den Ausblick sind Fotos von Calton Hill häufig zu sehen. Leider spielte das Wetter nicht ganz mit, aber trotzdem lohnte sich der Ausblick.
Arthur’s Seat
Samstag ist Markttag, wodurch ich zwei der lokalen Märkte einen Besuch abstattete. Über ein paar Umwege ging ich anschließend in den Holyrood Park und damit hoch zu Arthur’s Seat. Arthur’s Seat ist der 251 m hohe Hausberg von Edinburgh. Er ist ähnlich wie Castle Hill vulkanischen Ursprungs. Unterhalb von Arthur’s Seat gibt es mehrere Hügel mit Ausblick (Salisbury Crags). Als ich, leider nicht mehr ganz so früh, unterwegs war, glich der Weg auf Arthur’s Seat eher einer Völkerwanderung, während die Salisbury Crags weniger stark besucht waren. Egal für welchen Hügel man sich entscheidet, der Ausblick lohnt sich gewiss. Im Park kann man zudem am See und Ruinen verweilen. Die nötige Stärkung danach holte ich mir bei Bellfield Brewery – Taproom & Beer Garden mit Pommes mit Salt Beef, saurer Gurke, Käse und Sauce und einer passenden Hopfenkaltschale.