Als ich jünger war und in meiner Heimat wohnte, fuhren wir überraschend selten rüber über die Grenze nach Tschechien, obwohl wir in der Nähe wohnten. Selbst nach dem Fall des eisernen Vorhangs blieb es so (auch wenn man schon vorher rüberwandern konnte). Maximal günstig Tanken, was günstig Einkaufen und maximalst was Essen, ansonsten blieb man brav im bayerischen Teil. Als sich jetzt Besuch anmeldete, machte ich den Vorschlag uns drüben was anzuschauen.
Die Wahl fiel schließlich auf Krumau, Ceský Krumlov, einer Stadt in Südböhmen, dessen historische Altstadt zum UNESCO-Welterbe gehört. Die Stadt liegt am Ufer der Moldau und nicht allzuweit weg gibts auch noch den Moldaustausee. Um den Stadtkern herum gibt es vier öffentliche Parkplätze, von denen man leicht in die Altstadt kommt. Während P1 am häufigsten von Touristen angefahren wird, wählten wir P2. Parktickets kann man übrigens sowohl in Tschechischen Kronen als auch in Euros zahlen, wie fast alles in der Stadt. Man bekommt sogar das Rückgeld in Euros! Von der letzten Reise hatte ich aber eh noch Kronen.
Um 1240 errichteten die Wittigonen über der Moldau auf einem Hügel eine Burg, die bald die Bezeichnung Crumlov führte. Mitte des 13. Jahrhunderts wurde mitsamt einer Siedlung auch eine Kirche gebaut, die bald zu einem Kloster anwuchs.
Als wir in dem mittelalterlichen Städten zu Besuch waren, erklang mittelalterliche Musik und man konnte einem Schmied zuschauen. Das Schwert interessierte mich besonders.
Die Burg von Krumlov ist die zweitgrößte Burg Tschechiens nach der Prager Burg. Sie umfasst etwa 10 Hektar und die Innenräume können auf zwei unterschiedlichen Führungen besichtigt werden. Wir entschieden uns für die „mittelalterliche“ Tour, die uns in die Schlafgemächer und weiteren Räumlichkeiten der unterschiedlichen Burgherren führte. Nachdem das Geschlecht der Krumau erlosch, übertrug König Wenzel II. die Burg an die Herren von Rosenberg, deren Wappenrose noch immer im Stadtwappen enthalten ist. Unter den Rosenberg wurde die Burg weiter ausgebaut und die Stadt erlebte durch den Handel einen Aufschwung. Der letzte Rosenberger musste die Burg dank der Schulden seiner bereits gestorbenen Brüder an den damaligen Kaiser Rudolf II. verkaufen. Nach der Schlacht am Weißen Berg schenkte Kaiser Ferdinand II. die Herrschaft Krumau seinem Hofkammerpräsidenten von Eggenberg. Nach dem Aussterben der Eggenberger fiel die Burg an die Fürsten Schwarzberg. Das Innere der Burg ist übrigens sehenswert, nur sind keine Fotos erlaubt.
Vom Gelände der Burg hat man auch einen schönen Ausblick auf die mittelalterliche Altstadt, zu der wir natürlich auch runter sind, um sie anzuschauen.
Die Altstadt ist mittelalterlich und relativ klein. Überall gibt es die typischen Touristenläden, aber man bekommt auch das typische Vanille-Schoki-Eis und kann schön am Wasser entlangschlendern.
Das ist eine typische verwinkelte Gasse in der Altstadt.
Folter- und Wachsmuseum kann man sich übrigens sparen.
So viel Besichtigung macht natürlich hungrig. Wie praktisch, dass es eine Brauereigaststätte mit dem Namen Pivovar Eggenberg gibt. Die Brauerei wurde 1560 in der damaligen Vorburg gegründet und zog recht bald auf Grund des gestiegenen Verbrauchs in das Rosenberger Waffenhaus. Durch die Übertragung von Krumlov an das Geschlecht der Eggenberger, gelang auch die Brauerei in deren Besitz. 1945 wurde die Brauerei enteignet und in den Südböhmischen Brauereien, zusammen mit Budweiser Brauerei, zusammengefasst. 1991 wurde die Brauerei wieder privatisiert – übrigens als erste Brauerei in Tschechien.
In den Räumen der ehemaligen Brauereikühlhäuser über den Lagerkellern, wo bis heute das Bier reift, wurde nach der Privatisierung eine Brauereigaststäte. Die Einrichtung innen schaut trotzdem urig aus und außen gibts einen kleinen Biergarten.
Die Bierauswahl ist übersichtlich, aber reicht aus: helles und dunkles Bier sowie ein ungefiltertes Schankbier. Soweit probiert, sind die Biere schön süffig und lecker. Halber Liter kostet aktuell 2 Euro.
Bei den Preisen kann man natürlich auch etwas essen. Die Vorspeisen habe ich leider vergessen zu fotografieren. Wir teilten uns zu fünft Hermelinkäse (eingelegten Camembert), Knoblauchsuppe und Ersäufter vom Knacker (ähnlich unserem Wurstsalat ohne Käse, aber mit ganzer Wurst). Kostenpunkt je 2 (inzwischen 3 bzw. 2 für die Suppe) Euro.
Die Hauptspeisen (je 5 Euro, inzwischen 6 Euro) schmeckten ebenso. Ich wählte die Knödel mit Rauchfleisch gefüllt und dazu Sauerkraut. Die Portion war fast zu groß für mich, aber die gefüllten Knödel möchte ich irgendwann daheim nachmachen.
Ebenfalls probiert wurde das Rindfleisch in Rahmsauce mit den typischen Knödeln. Fast zu viel Knödel im Verhältnis, aber Geschmacklich gut.
Fast hätte ich mich für dieses Gericht entschieden: Brauereigulasch. Geschmacklich ebenfalls gut, fast zu viele Knödel und auch reichlich.
Bedienung ist freundlich, aufmerksam und mehrsprachig (mindestens tschechisch, englisch und deutsch).
Wenn man schon in der Nähe ist, kann man auch noch zum Moldaustausee fahren (bzw. man kommt, je nach Anreise sowieso vorbei). Der Stausee Lipno entstand, nachdem ein Kraftwerk gebaut und eine Mauer hochgezogen wurde, und trägt den Spitznamen (Süd)böhmisches Meer. Er ist überraschend groß und malerisch gelegen. Das Naturschutzgebiet lädt zum Verweilen ein. Nach der Wende wurde es touristisch erschlossen, auch wenn es bereits zuvor ein beliebtes Ausflugsziel in der Region war. Man kann wandern, surfen, schwimmen, campen, segeln oder surfen. Motorboote sind mit wenigen Ausnahmen verboten, dafür herrscht ein großes Fischreichtum vor. Dagegen habe ich als Foodie nie was einzuwenden 😉 Ich werde wiederkommen!
In der Umgebung gibt es auch viele Imker, die einen Straßenverkauf haben. Ich bin schon auf den Himbeerhonig und den Met gespannt.