Vor gefühlt einer halben Ewigkeit gingen wir von der Schülerzeitung in das örtliche Flüchtlingsheim, spendeten Blöcke und Stifte für die Kinder und schauten uns an, wie die Leute leben müssen. Ich fand damals die Verhältnisse erschreckend, aber war überrascht über die Kinder, die uns umringten und versuchten uns alles mögliche zu erzählen.
Ebenfalls überrascht, aber auch bedrückend fand ich das Übergangsheim, welches mir eine Schulfreundin zeigte, in dem sie, als sie aus Russland übersiedelten, wohnten. Egal was man von den Spätaussiedlern hält, ein baufälliges Haus, welches knapp vorm Abriss stand und in dem einfach alte Betten und Matratzen reingelegt wurden, fand ich nicht wirklich eine tolle Bleibe für Familien.
Flüchtlinge sind aktuell immer noch ein wichtiges Thema, auch wenn dank Zäunen und Abkommen viele nicht mehr in Deutschland ankommen. Daher war ich umso neugieriger auf das Kochbuch Hand in Hand*, welches mir zur Verfügung gestellt wurde.
Steckbrief
Titel: Hand in Hand
Autor: Timo Wentzel, Lutz Jäkel et al.
Verlag: ars vivendi
Seiten: 424
Preis: 34,00 Euro
Inhalt
Neben allgemeinen Kapiteln geht es in dem Buch um die Küche der folgenden Länder:
- Syrien
- Irak
- Iran
- Afghanistan
- Pakistan
- Nepal
- Marokko
- Gambia
Zu einer Beschreibung der Landesküche und den Flüchtlingserlebnissen kommen die Lieblingsgeriche der vorgestellten Leute und eine Interpretation der Sterneköche.
Eindruck
Als erstes überraschte mich die Dicke des Buches – da hat sich einiges angesammelt. Die Länderküchen werden schön durch entsprechende Beschreibungen und Fotos eingeläutet. Auch wird die Situation in den Ländern grob umrissen, bevor auf den nächsten Seiten Flüchtlinge ihre Geschichten erzählen und ein Rezept zeigen, welches sie an ihre Heimat besonders erinnert.
Wer schon einmal weg von der Heimat wohnte oder internationale Studis (oder andere Menschen, die fernab der Heimat leben) kennen lernte, weiß, dass es meist einfache Gerichte sind. Es müssen manchmal nicht mal die Lieblingsgerichte sein und erst da lernt man manche Küchengriffe zu schätzen oder fängt mit dem Kochen an. Ich weiß noch wie froh ich war, dass ich Spätzle vom Brett schaben konnte, als ich in Finnland danach gierte.
Anschließend stellen Köche ihre Motivation dar, warum sie an dem Buch mitmachen wollten, und ihre Interpretation der Landesküche. Während die Gerichte der Flüchtlinge einfach gehalten sind, sind diese zum Großteil weniger leicht nachzukochen. Einerseits finde ich es spannend, was die Köche aus den typischen Zutaten kreiert haben, andererseits fehlt mir die Umsetzung von Hand in Hand.
Insgesamt schaut das Kochbuch hochwertig aus und lädt durch die vielen Bilder und Beschreibungen ein, die Gerichte nachzukochen.
Natürlich habe ich das auch hier gemacht, auch wenn ich diesmal keines der Resultate verbloggen werde (von wegen Aussehen und so):
- Mantu, allerdings nur mit Instagram-Bild: Die ersten Teigtaschen, die bei mir gelungen sind!
- Suffierte Ofenschlupfer: eines der Starkoch-Rezepte, welches ebenfalls gut gelingt
- Halawet el-Jibn: wird wiederholt. Wieder ein tolles Rezept für Rosenwasser.
Bewertung
Aufmachung: 5/5
Beschreibung: 5/5
Struktur: 5/5
Thema: 3/5
Insgesamt: 18/20
Begründung: Die Rezepte, Geschichten und die Küche der Länder haben mich in ihren Bann gezogen. Die Rezepte sind allesamt gut nachzukochen und haben, soweit ich sie ausprobiert hatte, gut geklappt. Manche Gerichte kannte ich auch schon bereits. Die Idee hinter dem Buch gefällt mir.
Einzig der Titel „Hand in Hand“ kommt nicht wirklich rüber. Haben die Flüchtlinge jetzt ohne die Spitzenköche gekocht oder nicht? Teils hat es zumindest den Anschein. Die Gerichte der Spitzenköche sind auch auf dem entsprechenden Niveau und leider wenig Bodenständig. Zudem bringen sie mehr Gerichte mit als die Flüchtlinge. Das passt in meinen Augen wenig in das Thema Hand in Hand und zu den Geschichten von der Flucht.
Die Gerichte der Flüchtlinge werde ich jedoch noch häufiger nachkochen. Auch gut finde ich, dass von jedem verkauften Buch 4 € an Flüchtlingsorganisationen gespendet werden. Wer was aus den Ländern ausprobieren will oder sehen will, was Köche aus der Landesküche anstellen, ist hier genau richtig.
* Das Buch wurde mir von ars vivendi zur Verfügung gestellt. Vielen Dank hierfür! Meine Meinung bleibt davon natürlich unberührt.
2 Kommentare
Im Prinzip finde ich das eine sehr gute Idee, Gerichte von Flüchtlingen aus deren Heimatländern von professionellen Köchen nachkochen zu lassen… schade, dass die Sache hier eher verunglückt ist…
Wenigstens sind schöne Rezepte von den Personen selbst im Buch enthalten!
Über das selbe Motto habe ich vor einiger Zeit gebloggt, da ging es um Rezepte von Frauen, auch viele Immigrantinnen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Die Rezepte sind recht gut nachkochbar.
https://fliederbaum.blogspot.co.at/2016/09/grunkern-bolognese-von-besonderen-frauen.html
Ich unterstütze solche Aktionen auch gern,
lg
Jupp, die Rezepte der Personen selbst sind top. Ein, zwei Gerichte der Spitzenköche werde ich auch noch nachkochen, ansonsten schön anzuschauen, aber naja…
Dein vorgestelltes Rezept und die Aktion finde ich genial! Ich denke durch das Kochbuch erhalten die Frauenhäuser und Probleme genau die richtige Aufmerksamkeit und zudem hilft es finanziell etwas.
LG